Bericht vom 23. Philosophicum Lech
25. bis 29. September 2019
Eliten und Demokratie
Ein Bericht über das diesjährige 23. Philosophicum Lech zum Thema „Die Werte der Wenigen. Eliten und Demokratie“.
Im hochalpinen Lech am Arlberg kam wie alle Jahre die Philosophenelite zusammen, um heuer ihre Gedanken zu Demokratie und Eliten zu teilen. „Wenn Eliten über Eliten sprechen, ist Skepsis angebracht“, meinten manche. Tatsächlich kam die Elitenkritik aber nicht zu kurz. Die Neue Kirche in Lech war Schauplatz zahlreicher Vorträge, Diskussionen und Debatten über die Elite als Gruppe aus Erwählten. Der Kampfgeist des Trojanischen Krieges lebte nicht nur in den Erzählungen des Michael Köhlmeier auf, sondern schien zeitweise auch in mancher Diskussion aufzulodern. Angesichts der ganz unterschiedlichen Gesichtspunkte, unter denen das Kernthema „Eliten und Demokratie“, in den Vorträgen behandelt wurde, erscheint das nachvollziehbar. Verständlich auch deswegen, weil – wie wir in den kommenden Tagen rausfinden sollten – sogar der Titel „Eliten und Demokratie“ mit sich in Konflikt gerät. Gleich am ersten Tag schienen Achill und der gestiefelte Kater das übliche Elitenbild – als abgehobene und selbstgerechte Gruppe von Menschen (oder Haustieren), spätestens nachdem Konrad Paul Liessmann die Kommentatorenrolle einnahm – absolut zu bestätigen. Wenn tagsüber oft hitzig diskutiert wurde, so konnten am Abend die Wogen in der Philosophenbar geglättet werden.
Die ambivalente Haltung zu den Eliten der Gesellschaft spiegelte sich in der Themenvielfalt des Philosophicums wider. Es standen die wirtschaftlichen, politischen und intellektuellen Eliten im Mittelpunkt, die oftmals für die Spaltung der Gesellschaft und die Ungleichheit in der Verteilung von Macht und Reichtum verantwortlich gemacht werden. Welche Werte vertreten Eliten überhaupt, wem dienen sie und dürfen sie berechtigterweise Machtansprüche stellen? Unzählige Fragen, die von ebenso zahlreichen Vortragenden gestellt und beantwortet wurden.
Es bot sich uns sogar die Gelegenheit mit Tractatuspreisträgerin Lisa Herzog und Christian Neuhäuser im kleinen Rahmen in Diskussion zu treten. Die Energie dafür bezogen wir aus dem leckeren Frühstück, der Gastfreundschaft, die uns von Lecherinnen und Lechern entgegengebracht wurde und nicht zuletzt aus dem Bergpanorama des Arlbergmassivs.
Der Geist des Philosophicums schien auch auf das Wetter einzuwirken, waren wir doch am Mittwochnachmittag noch bei strömendem Regen angereist, konnten wir den letzten Tag bei strahlendem Sonnenschein beschließen. Unvermeidbar stand das Philosophicum auch unter dem Stern der Nationalratswahl – Anlass zur Diskussion, ob die Demokratie nicht auch nur ein Gutheißen der einen oder anderen Elite sei und inwiefern Politiker wirklich das ohnehin undurchsichtige Wertebild, das sie propagieren, vertreten. Nachdem auch der Konsum, der allzu oft für bestimmte Werte einzutreten scheint, ins Kreuzfeuer geriet, wurde in der letzttägigen Diskussion für eine Abkehr von der Werte- hin zu einer Tugendethik gekämpft. Mit den Schlussworten „Ihr sollt in Panik geraten!“ frei nach Greta Thunberg ließ Konrad Paul Liessmann die Zuschauer in der Neuen Kirche lachend aber zum Hinterfragen gerüstet zurück.
Johannes Reindl, 4. Oktober 2019
www.philosophicum.com